MAXIM - I Don't Care
Edel

Wenn man in einem Provinznest steckt und so gar keine Provinzlermentalität hat, ist es schon Scheiße.
Maxim wuchs im englischen Peterborough auf, einem überbewerteten Provinzstädtchen, dem das Stadtrecht einst aufgrund seines beeindruckenden Doms verliehen wurde. Als frustrierter und zugleich kreativer junger Mensch mit einem Selbstvertrauen, das hart an der Grenze zur Arroganz schrammte, landete er früh bei Two Tone und Ska. Mit 14 Jahren hing er mit einer Gruppe älterer, furchterregender Rüpel und Skinheads ab, die leicht aus Quadrophenia hätten entsprungen sein können. Von Petersborough zu Tode gelangweilt und auf der Suche nach etwas Neuem, machten sich einige der Kids daran, eine Reggae-Band zu gründen. Da Maxim regelmäßig zu den Proben erschien, übergaben sie ihm die Regie als Soundmann.
Doch das Leben am Mischpult war ihm einfach nicht genug. Weil er sich mit seiner Nebenrolle im Konzertsaal nicht zufrieden gegeben wollte, quengelte Maxim permanent bei den Bandmitgliedern, sie sollten ihren Sänger feuern und stattdessen ihn nehmen weil er einfach der bessere MC sei. Die Band wollte davon nichts hören, aber deswegen gab Maxim nicht auf.
Und plötzlich kam der zündende Moment in Maxims musikalischer Karriere: Die Band spielte einen Showcase-Gig in einem gerammelt vollen Club. Zur Zugabe sprang Maxim hinter seinem Mischpult hervor auf die Bühne, schnappte sich das Mikro und überraschte Publikum und Band mit einem krassen zungenbrecherischen Rap. Die Menge war begeistert Maxims musikalisches Coming-out war gelungen! Den Job am Mischpult schmiss er sofort hin. Es war schon mutig, sich einfach von den erfolgreichsten Lokalmatadoren zu verabschieden, ohne einen Plan B in der Tasche zu haben. Doch Freunde und Familie bestärkten ihn in diesem Schritt, und so machte Maxim sich auf, die örtliche Reggae-Szene zu erobern.
Als typischer Einzelgänger ging er mit keinem der örtlichen Reggae Sound Systems eine feste Bindung ein. Die Konkurrenz war hart, doch Maxim tat immer, was er wollte. Und das respektierten alle anderen in der Szene. Man schätzte Maxim auch für seinen sprichwörtlichen Heldenmut er hielt sich fern von dem marktschreierischen Auftreten, mit dem andere MCs sich in der Öffentlichkeit allzu gern in den Vordergund drängen. Lieber gab er sich dem Schreiben intelligenter Texte hin, die in einer scharfen Beobachtungsgabe fußen, und der innovativen Neuinterpretation der populären Musikstile, die aus Jamaica herüberschwappten. Dass er genauso gern Indie und Punk hörte, verlieh seinem Mix etwas extrascharfe Würze.
Aber es war ja nicht nur der Sound. Maxim fuhr regelmäßig nach London, um sich Outfits zuzulegen, die sonst niemand hatte. Schon allein dadurch hob er sich stets von der Masse ab. Seine Vorliebe fürs Extravagante wurde schließlich zum Markenzeichen seiner Prodigy-Persönlichkeit. Dabei entstand diese Neigung in ihm spätestens während seiner Komparsenrolle in dem Kostümfilm Revolution mit Al Pacino (1985; Regie: Hugh Hudson), die im Nachbarort Kings Lynn gedreht wurde. Nach dem Ende der Dreharbeiten war nämlich eines der Adelskostüme einschließlich Zylinder und Gamaschen verschwunden, das später als allererstes seiner zahlreichen exzentrischen Bühnen-Outfits wieder auftauschte. Diese Klamotten trug er zum ersten Mal bei einem MC-Wettbewerb in High Wycombe. Dort überraschte und begeisterte er Freunde und Publikum gleichermaßen mit einer audiovisuellen Extravaganz, wie man sie sonst in der britischen Reggae-Szene eher selten sieht. Er gewann den Contest und ließ seine Mitbewerber in einer Wolke eleganten textilen Silberflitters hinter sich...
Nun wusste Maxim, dass er mehr erreichen konnte. Und er wusste, dass er Peterborough den Rücken kehren musste, um seine Potentiale ausschöpfen zu können. Ich musste aus dieser Regungslosigkeit ausbrechen, die die Leute in ihrer Entwicklung erstarren ließ. Ich konnte die Vorstellung nicht mehr ertragen, in 20 Jahren bei einem Kumpel im Garten rumzuhängen und zu kiffen und zu denken ,Ich wünschte, ich hätte was aus meinem Leben gemacht.
Er zog nach London um und arbeitete eine Zeitlang mit einem Producer aus Nottingham namens Ian Sherwood, aber dabei kam nichts heraus. Maxim wurde ungeduldig. Er machte eine Pause und reiste durch Europa. Zurück in Großbritannien suchte er nach neuen musikalischen Herausforderungen.
Dann rief ein alter Freund aus Peterborough ihn an, der gerade eine neue Rave-Band managte, von deren Erfolgspotential er überzeugt war. Auch der Name der Band war perfekt: The Prodigy. Das einzige Problem war, dass sie keinen MC hatten, und es waren bereits Auftritte unter Dach und Fach. Maxim traf die Band auf ihrem allerersten Konzert im Labyrinth im Ostlondoner Stadtteil Dalston. Die Band war fantastisch und Maxim begeistert, und es war ihm klar, das er seinen Stil ein wenig anpassen musste. In der schnäubischen Rave-Szene waren MCs gefragt, die das Publikum aufpeitschen konnten, ohne dabei von der Musik abzulenken. Es ging schnell; Maxim fand sich in die Musik der Band ein, und The Prodigy, wie wir sie heute kennen, waren geboren! Die Band arbeitete hart an ihrer Live-Performance und Maxim an seinen unvergleichlichen Vokalkünsten. Das Ergebnis waren äußerst energetische Shows, in denen Maxim das Publikum zu begeistern und quasi auf die Musik zu heben wusste.
Was für abgefahrene Live-Shows! Und das war erst der Anfang...
Inmitten einer aus den Fugen driftenden Welt veröffentlichte der gelangweilte Junge aus dem Provinznest Peterborough, dessen Selbstvertrauen an Arroganz grenzt, auf dem Label XL Records ein Soloalbum mit dem Titel Hells Kitchen. Trotz einhelligen Lobes für die Hitsingle Carmen Queasy, die Maxim gemeinsam mit Skin von Skunk Anansie eingespielt hatte, waren die Kritiker uneinig über das Album. Die zweite Single-Auskopplung, eine eingängige Two-Step-Nummer namens Scheming mit Gastsängerin Trina Allen, wurde im Radio kaum gespielt und verschwand schnell aus den Charts.
Maxim und XL trennten sich. Hatte sein Selbstbewusstsein dadurch einen Knacks bekommen? Damals war das schwer zu sagen. Schließlich hatte er mit Prodigy alle Hände voll zu tun. Doch Maxim räumt ein, dass es da eine kurze Zeit der Selbstzweifel gab. Am Ende wurde ihm jedoch klar, dass es bei ihm und seiner damaligen Plattenfirma einfach eine unterschiedliche Vision gab von dem, was man erreichen wollte. Und er fühlte sich absolut in der Lage, ein gutes Album hinzulegen!
Irgendwie sind solche Erfahrungen nützlich. Maxim war nie ein Typ für die Sensationspresse und die Promi-Schiene. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu erheischen, doch wenn er nicht auf der Bühne stand, wollte er seine Ruhe haben irgendwie die beste Art, sich vor Abstürzen zu schützen. Schließlich würde er so dem ewigen Erst-aufbauen-und-dann-den-Kopf-abhauen der Boulevardmedien entgehen.
Indem er sich aus dem Rampenlicht fernhielt, gewann Maxim die Freiheit und die Zeit, ein echtes Juwel von einem Album zu machen: Fallen Angel. Es ist die perfekte Verschmelzung der so unverkennbaren Maximschen Beats mit einem Reichtum an musikalischen Einflüssen und Inspirationen. Fallen Angel wird die Leute treffen wie ein Schlag aus heiterem Himmel. Und endlich bekommen wir richtig viel von Maxim selbst. Das war nämlich eine der Kritiken an Hells Kitchen, dass der Meister zu wenig zu hören war. Damit ist jetzt Schluss.
DEUTSCHE-DJ-PLAYLIST Chartinfos
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